Für Raummissionen auf unwirtliche Planeten sind Rohstoffe gefragt, die extreme Temperaturen aushalten können. Galliumnitrid könnte ein heißer Kandidat sein.
Glühend heiße Temperaturen herrschen auf der Oberfläche der Venus, bis zu fast 500 Grad Celsius – genug, um Blei zu schmelzen. Hinzu kommt eine Hochdruckatmosphäre, die korrosiv wirkt. Die US-Weltraumbehörde NASA bezeichnet den Planeten als unwirtlichste Umgebung im Sonnensystem, was die Erforschung schwierig macht: maximal zwei Stunden haben Raumsonden dort bisher überlebt.
Benötigt werden also besonders widerstandsfähige Hightech-Komponenten. Herkömmliche Elektronik auf Siliziumbasis funktioniere nur bis etwa 300 Grad Celsius, schreibt ein internationales Forscherteam, das der Frage nachgegangen ist, ob Galliumnitrid eine Alternative sein könnte. Das Material findet auf der Erde bereits Anwendung etwa in besonders schnellen Ladegeräten für Handys und Laptops sowie in energieeffizienten und leistungsstarken Chips. Obwohl Galliumnitrid in letzter Zeit viel Aufmerksamkeit errege, seien seine Eigenschaften unter verschiedenen Bedingungen nicht annähernd so gut erforscht wie diejenigen von Silizium, heißt es in der Pressemitteilung des beteiligten Massachusetts Institute of Technology in den USA. In einem jahrelangen Projekt wurde daher getestet, wie extrem hohe Temperaturen das Material und seine Leistung beeinflussen. Dafür wurden Galliumnitrid-Bauelemente mit sogenannten ohmschen Kontakten hergestellt – das sind Schlüsselkomponenten, die ein Halbleiterbauelement mit der Außenwelt verbinden – und in verschiedenen Versuchsanordnungen bis zu 500 Grad Celsius ausgesetzt.
Forscher haben untersucht, wie sich Temperaturen von bis zu 500 Grad Celsius auf elektronische Bauteile aus Galliumnitrid auswirken. Ziel ist die Entwicklung von Elektronik für extrem heiße Umgebungen wie der Venusoberfläche.
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Das Ergebnis überraschte die Forscher: Die Strukturen seien für 48 Stunden intakt geblieben, was mithilfe von Transmissionselektronenmikroskopen nachgewiesen werden konnte. Erst nach dieser Zeitspanne hätten sich Beeinträchtigungen gezeigt. Man arbeite bereits daran, die Langzeitleistung zu verbessern, etwa durch die Hinzufügung schützender Isolatoren. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Applied Physics Letters publiziert.
Auf diesen Grundlagen könnten den Wissenschaftlern zufolge nun Hochleistungstransistoren für den Einsatz auf der Venusoberfläche entwickelt werden. Solche Geräte seien aber auch in der Lage, auf der Erde vielfältige Aufgaben erfüllen, etwa in der Elektronik für die Gewinnung geothermischer Energie oder zur Überwachung des Inneren von Düsentriebwerken.
Strategische Rohstoffe im All:
Während Silizium wenig geeignet für die glühend heißen Temperaturen auf der Venus ist, könnte es im Verbund mit Germanium den Bau von Elektronik ermöglichen, die der hohen Strahlung und extremen Kälte auf dem Jupitermond Europa standhält, wo sogar außerirdisches Leben vermutet wird. Auch in andere kritische Rohstoffe steckt die Wissenschaft große Hoffnungen, wenn es um die Erforschung von fremden Planeten geht. Auf Basis Seltener Erden etwa entwickeln Forscher die dünnsten bekannten Werkstoffe der Erde, die im All für Satellitensensoren, Strahlungsschutz und Quantencomputer nutzbar gemacht werden sollen. Für den Bau des James Webb Teleskops wiederum, das nie dagewesene Einblicke in den Weltraum gewährt hat, waren Indium und Tellur bedeutend.
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